Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Klingt gut, aber ist es das wirklich?

Gleicher Lohnt für gleiche Arbeit, klingt erstmal gut und gerecht. So sah es auch ein Gericht. Eine Frau hatte geklagt, dass Sie bei gleicher Tätigkeit, weniger Gehalt bekam, als ein Kollege, der bekam gut 1000 Euro mehr.

Der besagte Kollege hatte bei der Einstellung mehr Gehalt verhandelt und die Firma hat ja gesagt. Dazu kam, dass er eine Leitungskraft ersetzen sollte. Also vielleicht doch nicht ganz die gleiche Arbeit?

Wie auch immer. Die Sache passt natürlich gut in das Klischee, dass Frauen bei gleicher Tätigkeit weniger verdienen.

Aber lösen wir uns mal von dem Geschlechterding. Das Urteil halte ich für bedenklich. Zum einen müsste ein Arbeitgeber nun jedem Mitarbeiter mehr Geld zahlen, wenn einer etwas mehr Gehalt für sich verhandelt.

Dazu kommt, Menschen sind unterschiedlich. Die gleiche Tätigkeit bedeutet nicht, dass Menschen die gleiche Leistung bringen. Ich arbeite selbst in einem größeren Unternehmen und sehe täglich, wie unterschiedlich Leute, bei theoretisch gleicher Stelle, arbeiten.

Es gibt Leute, die leisten viel, bringen sich ein und liefern ab. Dann gibt es Leute, die liefern durchschnittlich gut ihre Arbeit ab. Dazu kommen dann noch die Leute, welche den Tag damit verbringen, durch die Gegend zu schlürfen, ein gutes Buch zu lesen und andere Leute vom Arbeiten abzuhalten.

Alle machen auf dem Papier das gleiche, nur der Output ist sehr unterschiedlich. Bei uns ist alles mit Tarifvertrag geregelt. Eine Stelle wird entsprechend bezahlt und fertig. Geschlechterunterschiede gibt es keine. Sicher gibt es in oberen Ebenen Verhandlungsspielraum, im normalen Bereich nicht.

Theoretisch gibt es noch eine Leistungsprämie von 0 % bis 30 %, aber hier gibt es die Regelung, dass diese im Durchschnitt bei 15 % liegen muss. Ein Chef müsste also jemanden 0 % geben, wenn der gute Mitarbeiter 30 % bekommen soll. Falls der schlechte Mitarbeiter sich berappelt und im Folgejahr auf 10 % kommt, müsste der Leistungsträger dann mit einer Kürzung zurechtkommen.

In der Praxis landen alle bei etwa 15 %. Die erspart Diskussionen mit dem Mitarbeiter und auch mit dem Betriebsrat. Zumal eine Kürzung sehr umfassend begründet und rechtzeitig angekündigt werden muss. Hat auch kein Vorgesetzter Bock drauf.

Das Problem an solche Konstellationen ist, dass es im Prinzip keinen Grund gibt, besonders viel zu leisten und sich anzustrengen. Mehr Geld gibt es nicht und der Motivation ist es auch nicht förderlich.

Wenn ich sehe, dass einige Leute eine Stunde an der Kaffeemaschine schnacken, habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich dort nur 30 Minuten herumstehe. Gruppendynamisch passen dann alle ihre Leistung irgendwo nach unten an.

Wer mehr leistet, bekommt nicht mehr Geld, sondern mehr Arbeit. Die Vorgesetzten wissen natürlich, an wen sie die Arbeit geben müssen, damit diese auch erledigt wird.

Zurück zum Urteil: ich halte es durchaus für legitim, dass die Frau sich benachteiligt fühlt. Dies hätte allerdings eher mit dem Arbeitgeber verhandelt gehört, als vor Gericht. Sie hätte zeigen können, dass sie genauso viel Gehalt verdient wie ihr Kollege, mit entsprechender Begründung und ihrer Leistung.

Was ich mich bei solchen Dingen immer wieder Frage ist, wie gut denn so die Zusammenarbeit noch funktioniert, wenn man seinen Arbeitgeber verklagt.

Wie seht ihr das?

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/arbeitsgericht-diskriminierung-gehalt-101.html

6 Kommentare

  • Martin

    Naja. Es ging ja hier nicht um peanuts. Und die Statistiken sprechen auch eine eindeutige Sprache, dass Frauen systematisch benachteiligt werden. Das Gericht wird sich das schon genauer angesehen haben.

    • Florian

      Naja nach grober systematischer Benachteiligung sieht das ganze aus wenn man den unbereinigten Gender Pay Gap betrachtet. Nach Abzug aller Punkte wie Voll/Teilzeit, Berufswahl und ähnlichem ist der Unterschied zwar noch vorhanden aber eben bedeutend geringer. Und den Großteil davon führen die Wissenschaftler auf eine unterschiedliche Herangehensweise bei Verhandlungen/Einstellungsgespräch zurück. Da ist dann eher die Erziehung ein Faktor an dem man arbeiten sollte.

      Und am Ende haben wir aktuell die Situation, dass wir im Grunde überall unbesetzte Stellen haben. Da hat man als Arbeitnehmer eine gute Verhandlungsposition.

    • admin

      Danke für das Feedback, ich will den Fokus auch gar nicht so sehr auf die Geschlechterfrage herunterbrechen. Meine Meinung ist, gleicher Lohn für gleiche Leistung. Wenn jemand genauso viel leistet wie jemand anderes, dann bitte auch das gleiche Gehalt. Hier kam jetzt noch das Verhandlungsgeschick dazu, eine Sache, in der ich auch nicht besonders gut bin. Aber wenn ich das sehen würde bei mir, würde ich das schon auch ansprechen und selbst mehr fordern. Vor Gericht ziehen, wohl eher auch nicht.

      Gruß
      Andy

  • Sebastian

    Das ist ein sehr interessantes Thema und ich habe darüber auch schon sehr oft mit meiner Frau diskutiert, da wir beide komplett unterschiedliche Herangehensweisen an unsere Leistungsvergütung haben.
    Ich bin eher konfliktscheu und Stelle ungerne Forderungen, fühle mich aber auch schnell schlecht behandelt, wenn meine harte Arbeit nicht wertgeschätzt wird. Da ich mir einbilde zu verstehen, wie das System funktioniert und gespielt werden muss, fordere ich bei meinem Arbeitgeber immer mehr als womit ich mich wohlfühle und meistens bekomme ich es auch.
    Meine Frau, die sich auch gerne mal viel selbstloser in Arbeitsaufgaben verliert und immer alles gibt, bleibt hier lieber passiv und wartet darauf, dass ihre Leistung entsprechend honoriert wird – leider nicht selten vergebens. Fordern möchte Sie trotzdem nicht.

    2 Menschen sind nun nicht repräsentativ, aber es deckt sich mit meinem Beobachtungen in Konzernen. Die Basis aller Konzerne ist eine kapitalistisch-orientierte Vorgehensweise (da sonst die Pleite droht). Basierend darauf kann der Konzern nicht proaktiv allen Mitarbeitern in gleicherweise das Gehalt erhöhen (wie im Artikel auch erwähnt, passt das ja auch gar nicht zur erbrachten Leistung). Es gibt also nur mehr Geld für die Leute, die fordern.
    Pauschal betrachtet neigt der Mann zur Selbstüberschätzung und fordert nicht nur viel, sondern bildet sich gleichzeitig auch noch ein, dass er es verdient hat. Frauen sind zurückhaltender und möchten nicht aggressiv daherkommen.

    Das ist natürlich aufs Minimalste generalisiert und deckt nur einen einzelnen Aspekt eines fehlerhaften Systems ab, aber dieser Punkt macht durchaus was aus.
    Systematische Andersbehandlung von allen nicht-CIS Männern ist nochmal ein sehr viel komplexeres Konstrukt, was separat betrachtet werden muss.
    Wie oben erwähnt sind Studium-/Berufswahl, Arbeitszeitmodelle usw. weitere Punkte.

    Den Punkt, dass nur Frauen Kinder kriegen können lassen wir mal komplett außen vor….

    Ich bin leider nicht eloquent genug, um meine Gedanken hierzu besser verständlich darzustellen, freue ich aber über die Betrachtung dieses Themas. Leider aber auch nur von Männern kommentiert… 😉

    • Sebastian

      Der Satz sollte korrekt heißen
      “Systematische Andersbehandlung von allen Personen, die nicht CIS Männern sind, ist nochmal ein sehr viel komplexeres Konstrukt, was separat betrachtet werden muss.

    • admin

      Danke für den ausführlichen Kommentar. Ich gehöre auch zu den schlechten Verhandlern, sowohl in der Firma, als auch in meiner Nebentätigkeit. Grundsätzlich ist es wohl so, dass Männer mehr verlangen und sich überschätzen, aber das trifft auch nicht auf alle zu. Ansonsten ist es bei uns in der Firma eher so, dass durch Tarifstufen und “gerechte” Leistungsbeurteilung die Gehälter recht ähnlich sind.

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