Finanzielle Freiheit durch Hackerangriff

Seit vier Wochen gehe ich nicht mehr arbeiten. Der Grund, die Firma kämpft mit einem Hackerangriff.

Vor ein paar Wochen hatte ich einen Tag Urlaub. In diesem erreichte mich die Nachricht aus der Firma, dass es einen Hackerangriff gegeben hätte und die Computer ausgeschaltet bleiben sollen. Kommt vor, dachte ich. Wird sich in wenigen Stunden erledigt haben und morgen geht es wieder zur Arbeit. Aber es kam anders.

Auf die technischen Hintergründe möchte ich hier nicht im Detail eingehen, auf Heise.de gibt es einen sehr ausführlichen Artikel zu dem Thema.

Kurz gesagt genügt es, dass ein Mitarbeiter ein infiziertes Word-Dokument öffnet und die Malware verbreitet sich im gesamten Firmennetz. Anschließend gibt der Trojaner Rückmeldung an seinen Hersteller. Diese spionieren das Firmennetz aus, schauen, wie man die Firma am effektivsten treffen kann und verschlüsseln dann die Systeme. Es folgt eine Lösegeldforderung für die Daten, welche sich auch danach richtet, wie groß die Firma ist. Hier kann es schnell um sechsstellige Summen gehen.

Sofern man kein Backup hat, hat man ein Problem. Auch mit Backup muss die gesamte IT-Infrastruktur neu aufgebaut werden. Das dauert. Wochen. Priorität haben die Produktion, Vertrieb, Support. Wir Softwareentwickler stehen am Ende.

4 Wochen daheim

Da wir keine Computer in der Firma verwenden konnten und durften, wurde uns nahegelegt daheim zu bleiben. Aus einer Woche wurden inzwischen 4 Wochen. Klingt doch erstmal toll oder? Zumal das Gehalt ja weiterhin kommt.

Ich habe die Zeit für ein Experiment genutzt. Die finanzielle Freiheit light. In vielen Finanzblogs ist dies ja das höchste der Ziele: endlich nicht mehr arbeiten müssen. Nur noch das tun und lassen was man will. Nun habe ich bereits des Öfteren eine Woche Urlaub für das Nebengewerbe genutzt, aber noch nie einen längeren Zeitraum. Wer sich jetzt fragt, warum ich Urlaub nutze, um zu arbeiten: für mich ist das ein Hobby, es macht mir Spaß. Ich würde das daher nichtmal arbeiten nennen.

Es gab einige Fragen:

  • Wird mir irgendwann langweilig?
  • Fehlt der Austausch mit Kollegen?
  • Wie gestaltet sich der Tagesablauf?

Keine Langeweile

Wurde mir langweilig? Nein, im Gegenteil. Ich habe die Zeit für mein Nebengewerbe genutzt. Dinge, welche nach Feierabend eher mühselig sind, konnte ich nun ruhig und konzentriert mit viel Zeit angehen. Youtube-Videos, Blogartikel, Weiterentwicklung der Software. Ich bin gut vorangekommen, es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht.

Auch in Sachen Weiterbildung habe ich einige Online-Kurse zum Thema Softwareentwicklung absolviert. Auch dies bleibt im Alltag oft auf der Strecke.

Austausch und soziale Kontakte

Hier gibt es ein klares Jain. Ich glaube nur alleine von daheim arbeiten, wäre mir am Ende doch zu eintönig. Auf der anderen Seite habe ich auch die Zeit genossen, ohne viele Meetings und Unterbrechungen. Dies führte mir vor Augen, wie produktiv ich sein kann. Unterbrechungen sind in der Firma Standard. Meetings, Fragen von Kollegen, E-Mails, Kollegen die schnacken wollen. Mein Ziel ist es daher in Zukunft mich auch in der Firma weniger ablenken zu lassen.

Der Tagesablauf

Ich habe mir einen halbwegs fixen Tagesablauf auferlegt. Ich kenne mich, bei zu viel Freizeit verschiebt sich mein Tagesablauf, ich stehe jeden Tag später auf und gehe jeden Tag später ins Bett. Daher bin ich stets zur gleichen Zeit aufgestanden, meist kurz nach 7 Uhr. Anschließend ging es an den Rechner. Ich wollte die Zeit möglichst produktiv nutzen, ohne aber die ganze Zeit zu arbeiten.

Gefallen hat mir der deutlich flexiblere Tagesablauf. 2 Stunden Programmieren, danach vielleicht Einkaufen, eine Runde spazieren oder Sport machen. Abends noch ne Runde programmieren, im dunklen Zimmer mit beleuchteter Tastatur, nichts ist schöner. 🙂

In der Firma geht dies nicht, bzw. sorgt für Irritationen.

Das Feedback der Kollegen

Jeweils einen Tag in der Woche haben wir uns zu einem Statusmeeting in der Firma getroffen. Spannend war zu hören, wie andere Kollegen die Zeit nutzen. Das Feedback war sehr unterschiedlich. Am Anfang berichteten viele Kollegen, dass endlich Dinge erledigt werden konnten, welche sonst liegen bleiben. Der Keller wurde entrümpelt, der Garten für den Winter fertig gemacht.

Allerdings machte sich bei vielen mit der Zeit auch die Langeweile breit. Ein Kollege beklagte, dass Netflix und Computerspielen am Ende auch nichts sind, die Tage zu verbringen. Kurzum, der Mensch braucht sinnvolle Beschäftigung. Einige Kollegen merkten einen deutlich höheren Bierkonsum an.

Fazit und wie es weitergeht

Inzwischen gibt es auch bei uns erste Fortschritte, sodass es in der Arbeit langsam wieder anläuft. Eine Art Notbetrieb. Die Fehltage werden auf das Gleitzeitkonto geschrieben. Dieses durfte nun ordentlich Minusstunden angesammelt haben, welche irgendwann wieder reingearbeitet werden wollen. Unschön.

Dennoch war die Zeit spannend. Ich war und bin froh, dass ich mein Nebengewerbe habe. So wurde mir nicht langweilig und ich konnte hier viele Dinge voranbringen. Kurz gesagt: sollte ich mal arbeitslos werden, habe ich so nicht nur eine Einkommensquelle, sondern auch eine Beschäftigung die mir Spaß und Freude macht. Ich denke, das ist nicht zu unterschätzen. Plötzliche Arbeitslosigkeit kann, neben den finanziellen Einbußen, auch psychisch extrem belasten. Keine Aufgabe, kein Ziel und kein Gefühl etwas Sinnvolles zu tun, dass kann schwer an einem Nagen.

Kurzum möchte ich jedem empfehlen ein Nebengewerbe zu starten. 🙂

Auch für die finanzielle Freiheit bedeutet dies: Ich würde nicht aufhören an meinen Projekten zu arbeiten. Faule Haut und Hängematte sind nichts für mich.

Da mir die Arbeit daheim viel Spaß gemacht hat, bedeutet dies auch mittelfristig eine Reduktion im Hauptjob.

Mal schauen was alles noch passiert.

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